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Channel: stillen – Kinder haben …und glücklich leben!
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Du kannst es nicht planen, nee, echt nicht!

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Kinder kannst’e nicht planen, das ist und bleibt so. Ihr wisst das, eure Eltern wissen das, und mittlerweile, nach fast 5 Jahren Hübchen und einem ganzen Jahr Räupchen, weiß sogar ich das. Ich, die ich immer absolut davon überzeugt war, dass „meine Kinder nie so werden“. Laut, anstrengend, widerborstig zum Beispiel – so sind Kinder doch schließlich nur wegen schlechter Erziehung! Heute kann ich nur müde lachen: Hahaha. Die beste Erziehung kann ein charakterstarkes, temperament- und gefühlsstarkes Kind nicht einnorden. Und vermutlich ist das auch ganz genau gut so. Doch es gibt noch ein weiteres Feld, in dem ich vor allem im letzten Jahr Demut lernen musste: In der Art, wie sehr ein Baby an der Mutter hängt, oder eben nicht.

Auch wenn mein Hübchen in vielerlei Hinsicht alles andere als ein Anfängerbaby war und mich gut abgehärtet hat für alles, was da noch kommen mag – in einer Sache war mein großer Sohn ein absoluter Jackpot: Von Beginn an war er ein extrem offenes Baby, das schnell und gerne feste Bindungen zu weiteren Bezugspersonen einging, ganz egal ob Papa, Oma, Opa oder Tagesmutter. Und auch ansonsten war und ist er ein überdurchschnittlich soziales Kind, dass schnell Freundschaften schließt und am liebsten mit anderen Kindern spielt. Wir Eltern werden dann immer sehr schnell nicht mehr gebraucht.

Auch ein weiterer Punkt war für mich eine große Erleichterung: Dem Hübchen gaben wir damals schon nach wenigen Wochen gelegentlich auch mal ein Fläschchen, je nach Verfügbarkeit mit abgepumpter Muttermilch oder mit Pre-Nahrung. Für das Söhnchen war das gar kein Ding. Dem kleinen Nimmersatt war es meiner Vermutung nach wohl vor allem wichtig, dass es überhaupt was zu futtern gab. Ob die Nahrung nun aus der Brust oder Flasche kam, nach frischer oder aufgetauter Muttermilch oder eben nach Pulvermilch schmeckte, war ihm ziemlich wumpe. Im Urlaub oder aus anderen Gründen wechselten wir sogar immer mal die Pre-Milch-Sorte – das Hübchen verweigerte kein einziges Mal sein Fläschchen und gedieh prächtig!

Und dann kommt immer alles anders…

Bevor das Räupchen geboren wurde, war für mich demnach ganz klar: Das machen wir unbedingt wieder so! Nach 9 Monaten Einschränkungen, strikter Alkohol- und Nikotin-Abstinenz freute ich mich besonders auf den nächsten Sommer, in dem ich mich schon auf Grillpartys und in Biergärten sitzen sah, während das Räupchen Zuhause von Papa oder Oma ein schönes Fläschchen kredenzt kriegen würde.

Tja, was soll ich sagen. Der Sommer ist in vollem Gange, die Raupe ist ein Jahr alt und ratet mal, wer vergangenes Wochenende mal wieder den Fahrdienst zur Grillparty eines Freundes gespielt hat? Ganz genau: ich. Mit 0,0 Promille im Blut und dem Räupchen auf der Rückbank. Denn mein geliebtes Töchterlein hält so überhaupt nichts von Milchnahrung aus der Flasche.

Eine vehemente Fläschchen-Verweigerin

Wir haben alles ausprobiert: Andere Flaschen, verschiedene Sauger. Pre-Milch und aufgetaute Muttermilch, auch frische Muttermilch. Aber es ist völlig egal, die Raupe mag nicht. Ein paar Schlucke Tee oder Wasser nimmt sie schon mal aus einem Fläschchen, obwohl sie nicht so richtig begreift warum sie das soll, schließlich trinkt so sonst aus ihrer Tasse wie eine Große. Sobald aber Milch im Fläschchen ist, stößt sie es empört von sich: „Euer Ernst?!“, steht in ihrem Gesicht geschrieben – und wir müssen fast lachen, mit welcher Vehemenz sie die Flasche verweigert und nach Mutters Brust verlangt.

Mittlerweile ist mir das Lachen aber ein bisschen vergangen. Zu groß ist der Wunsch, endlich mal wieder einen Abend oder gar eine ganze Nacht für mich zu haben. Klar könnte ich das einfach machen, dann hätte ich aber auch ständig das Bild eines sich in Rage brüllenden Räupchens im Kopf, das zum wieder einschlafen doch so dringend einen Schluck aus Mutters Brust benötigt. Und aufwachen tut sie gerade oft: Das arme Baby kriegt schließlich gerade erst die ersten Zähne und schläft entsprechend unruhig.

Die eigenen Überzeugungen nutzen nicht viel

Das Gemeine an der ganzen Geschichte ist ja, dass ich immer dachte, das könne mir nie passieren. Ich war absolut sicher: Wenn ich als Frau den Willen habe, mir bald wieder einige Freiheiten zurückzuerobern, dann kann ich das auch! Schließlich bin ich eine emanzipierte Frau – und der Mann ein emanzipierter Mann! Wir könnten uns beide gleich gut ums Baby kümmern, und ich wäre die Letzte, die irgendwelche Aufgaben an sich reißen oder gar „Maternal Gatekeeping“ betreiben würde.

Im Geheimen habe ich all jene Mütter belächelt, die mir allen Ernstes weismachen wollten, ihre Tochter, ihr Sohn würde wirklich, ehrlich, ungelogen nicht aus dem Fläschchen trinken wollen – und für Tagesmutter oder Kita sei das Kind leider auch noch nicht reif. Ja klar, ihr Glucken, dachte ich mir da, aber eigentlich ist euch das doch so am liebsten! Ihr wollt halt selber nicht, ihr macht es euch schön gemütlich in eurer Untätigkeit, ihr braucht doch nur eine Ausrede für eure Abhängigkeit von Kind und Mann! Gebt es doch wenigstens zu, dass ihr selbst das Hindernis seid, und nicht euer Kind!

Und das Universum sagt: Zu viel geunkt, meine Liebe!

Mit einem saucoolen Hübchen, das ohne viel Trara schon mit fünf Monaten bei seiner ersten Tagesmutter eingewöhnt war und mit 11 Monaten überglücklich das erste Mal bei Oma und Opa übernachtete, mit einem easy-peasy Hübchen, das seine Milch wohl auch aus einem Eierbecher getrunken hätte, mit so einem Erstkind hatte ich wirklich gut unken. Und da dachte sich das Universum wohl: Zu viel geunkt, meine Liebe! Und hat mir als Zweitkind mal direkt so eine anhängliche Fläschchenverweigerin geschickt. Und ich sage: Danke, Universum, denn mir wird in der Tat ein bisschen übel, wenn ich an meine eigene Überheblichkeit zurückdenke.

Was mich wieder halbwegs versöhnlich stimmt und nachsichtig lächeln lässt, ist jedoch der Fakt, dass nun ich in der Situation bin, immer wieder auf Menschen zu treffen, die mir mit ähnlich unangenehmem Allwissen begegnen. „Naja, vielleicht hat sich auch nur deine eigene Einstellung geändert“, entgegnet die eine Freundin augenzwinkernd, als ich erzähle, warum das Räupchen erst mal weiter Zuhause bleibt und noch nicht in die Kita geht. „Ich weiß ja nicht, irgendwann nehmen sie alle das Fläschchen, vielleicht habt ihr es einfach noch nicht ernsthaft genug probiert“, erklärt die andere überzeugte Freundin, obwohl ich versucht habe, glaubhaft zu versichern, dass die Raupe wirklich sehr standhaft „Nein zur Flasche!“ sagt.

Das Räupchen ist einfach anders

Ich weiß derweil: Nicht ich bin es, die in einer plötzlichen Anwandlung von Gluckenhaftigkeit ihre eigenen Bedürfnisse aufs Baby überträgt. Es ist nämlich einfach das Räupchen, das hier die Spielregeln diktiert. Schließlich habe ich den direkten Vergleich zu ihrem großen Bruder, bei dem sich bestimmte Fragen gar nicht gestellt haben. „Die Anderen“ jedoch glauben mir nicht und ich sehe zwischen ihren Ohren, was sie denken: Nun bin ich halt doch zu dem geworden, was ich niemals werden wollte: Eine Gluckenmutter. Eine, die ihre eigenen Freiheiten dran gibt für das wertvolle Gefühl, gebraucht zu werden. Eine, die ihren Job hintenanstellt, weil die Zeit mit Baby eben doch so kostbar ist. Eine gefühlsduselige Alte, die sich aufopfert, so wie es eben von uns Müttern erwartet wird.

Ach ja, denke ich, denkt doch was ihr wollt! Und so ein mini-bisschen ist ja auch was Wahres dran. Denn sicherlich fällt es mir nach und nach immer schwerer, so wahnsinnig eng ans Räupchen gebunden zu sein. Ich vermisse Kneipenabende und Konzerte. Ich wünsche mir sehr, wieder mehr Zeit zum Arbeiten zu haben. Aber das Räupchen ist eben nur einmal klein – und die Zeit ab jetzt wirklich überschaubar. Und das allerbeste am Zweitkind ist ja auch: Ich bin es heute so was von gewohnt, meine eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen, weil man mit Kindern sowieso täglich dazu gezwungen ist. Das ist zwar nicht cool und ganz sicher nicht Rock’n’Roll. Aber es ist die Wahrheit.

Ich freue mich derweil auf ein Räupchen, das nach und nach unabhängiger wird, Vertrauen in weitere Bezugspersonen fasst und hoffentlich bald auch mehr als homöopathische Mini-Mengen isst. Dass es so kommen wird, ist ja unausweichlich. Groß werden sie alle, nur das Tempo variiert halt. So ist es und so soll es sein.

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